Handwerkerfrühschoppen 2023
Sascha Schneider, HWK Schwaben

Über 100 Gäste beim Handwerkerfrühschoppen in IllerbeurenSchwäbisches Handwerk und Politik im Austausch

Die Handwerkskammer für Schwaben (HWK) hat mit ihrem Handwerkerfrühschoppen im Museumsgasthof des Bauernhofmuseums in Illerbeuren wieder eine Plattform für den Austausch zwischen Handwerk und Politik geboten. Über 100 Gäste folgten der Einladung der HWK Schwaben. Darunter viele Politikerinnen und Politiker der Europa-, Bundes- und Landesebene sowie zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus dem kommunalen Bereich. Schwäbische Handwerksunternehmerinnen und -unternehmer nutzten die Gelegenheit, um auf drängende Probleme und Herausforderungen aufmerksam zu machen. Alle Beteiligten waren sich darin einig, dass auch in Zeiten von Online-Meetings der persönliche Austausch in Präsenz eine enorm wichtige Bedeutung hat.



Ausufernde Bürokratie im Mittelpunkt der Diskussionen

In der derzeitigen von Krisen überschatteten Situation gewann der Austausch beim Handwerkerfrühschoppen an zusätzlicher Bedeutung. Die besorgniserregende Situation in der Baubranche, der sich verschärfende Fachkräftemangel und die berufliche Bildung waren Themen beim Frühschoppen.

Vor allem aber die ausufernde Bürokratie stand im Mittelpunkt der Diskussionen. Hans-Peter Rauch, Präsident der HWK Schwaben, monierte die zunehmenden Nachweis- und Dokumentationspflichten, zum Beispiel in Hinblick auf die Statistikämter des Bundes und des Landes. Diese steigenden bürokratischen Anforderungen hielten unter anderem viele junge Handwerkerinnen und Handwerker davon ab, den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen. „Wie sollen wir Nachwuchshandwerker für einen Meisterkurs und eine spätere Betriebsübernahme motivieren, wenn ihren Vorbildern und Chefs vor lauter bürokratischen Hürden die Lust am Unternehmertum vergeht? Handwerker wollen in erster Linie das machen, was sie können: ihr Handwerk ausüben und nicht den ganzen Tag Formulare ausfüllen“, so Rauch.

Der HWK-Präsident sprach dabei die zentrale Rolle des Handwerks an: „Die Gesellschaft ist auf das Handwerk angewiesen. Jeder braucht das Handwerk. Kein Haus, keine Heizung, keine Versorgung mit Lebensmitteln, keine ordentliche Frisur ohne Handwerk.“ Er forderte die anwesenden Politikerinnen und Politiker auf, eine gute und verlässliche Politik für das Handwerk zu machen.



Forderung nach verlässlichen Rahmenbedingungen

HWK-Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner forderte ebenfalls verlässliche Rahmenbedingungen und betonte, wie enorm wichtig ein solcher Austausch, wie der beim Handwerkerfrühschoppen der Kammer sei: „Ohne die Politik und ohne das aktive Zuhören vonseiten der politischen Vertreterinnen und Vertreter wird es nicht gehen. Das Handwerk ist schließlich nicht irgendein ökonomischer Zweig, sondern eine echte Lebensader unserer Wirtschaft. Und die wird es auch bleiben. Die Modernisierung unseres Landes oder die Energiewende sind ohne die Betriebe des Handwerks weder durchführbar noch vorstellbar.“



Handwerk innovativ und anpassungsfähig

Wagner ging in seiner Rede auf die aktuellen Themen ein und stellte dar, mit welchen Herausforderungen, unter anderem durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine, die Handwerksbetriebe zu kämpfen hatten. Die Betriebe hätten diese Herausforderungen mit Bravour gemeistert. „Das Handwerk ist innovativ und im guten Sinne anpassungsfähig. So war das auch in den letzten Jahren. Das liegt nicht zuletzt an der regionalen Verwurzelung vieler Betriebe, die genau wissen, wie sie sich mit Ihren Geschäftsmodellen aufstellen müssen und worauf es im Detail ankommt“, so Wagner.

Mit den beiden Handwerksmeistern Anton Rittel (Hufschmied, Brauer und Mälzer) aus Adelsried bei Augsburg und Andreas Kaufmann (Metzger) aus Roßhaupten bei Marktoberdorf waren auch zwei neu gewählte Landtagsabgeordnete aus dem Handwerk beim Frühschoppen vertreten.



Statements aus der Politik beim Handwerkerfrühschoppen

Ulrike Müller, Europaabgeordnete und Landtagsabgeordnete: „Veranstaltungen wie der Handwerkerfrühschoppen sind sehr wichtig. Das Handwerk muss aufmerksam machen auf seine Situation und auf die vorhandenen Probleme und Herausforderungen. Ich selbst bin Landwirtin, in meiner Familie habe ich eine Schlosserei und einen SHK- und Elektrobetrieb, und ich betrachte den ländlichen Raum als Ganzes. Handwerk, Landwirtschaft und Tourismus müssen für mich in einem Satz genannt werden. Wir müssen ordentliche Rahmenbedingungen schaffen, um diese Schlüsselbranchen in eine gute Zukunft zu führen. Der Bürokratieabbau ist dabei ein ganz wichtiges Thema. Aber auch der Blick über den Tellerrand. Nach meinem Ausscheiden aus dem Europäischen Parlament, will ich als Landtagsabgeordnete meine internationalen Kontakte nutzen, um auch im Handwerk für einen guten internationalen Austausch zu sorgen.“

Markus Ferber, Europaabgeordneter: „Der Austausch beim Handwerkerfrühschoppen ist enorm wichtig. Vor allem das Zuhören als Politiker und das Mitnehmen der Anliegen in die Entscheidungsprozesse. Als Europaabgeordneter will ich auch weiterhin die Angriffe auf den Meisterbrief abwehren, die es beim Stichwort „Dienstleistungsfreiheit“ auf EU-Ebene immer wieder gibt. In diesem Zusammenhang liegt mir vor allem unsere duale Ausbildung, die für die geringste Jugendarbeitslosigkeit im europäischen Vergleich sorgt, sehr am Herzen. Ein weiteres wichtiges und zentrales Thema ist für mich die Befreiung von Bürokratie. In der EU gibt es oft Vorhaben hinsichtlich Berichts- und Dokumentationspflichten, die in den Betrieben brutal negativ ankommen. Ich will mich stark machen für einen zentralen Datenpunkt, auf den alle Behörden zugreifen können, sodass es nicht mehr zu mehrfachen Abfragen kommt. Auch die Intervalle, in denen das passiert müssen verkürzt werden.“

Stephan Stracke, Bundestagsabgeordneter: „Den Handwerkerfrühschoppen finde ich unglaublich wichtig für einen guten und direkten Austausch zwischen Handwerk und Politik. Hier können die Unternehmerinnen und Unternehmer darauf hinweisen, wo die wichtigste Handlungsfelder sind. Beim derzeitigen Chaos in Berlin ist es das A und O, wieder mehr Sicherheit und Planbarkeit herzustellen. Darüber hinaus müssen wir vor allem den Fachkräftemangel in den Griff kriegen. Von der Politik werden passende Maßnahmen und Lösungen erwartet. Als Bundestagsabgeordneter setze ich mich vor allem auch für die Gleichwertigkeit von Master und Meister ein. Die berufliche Bildung muss weiter gestärkt werden. Dabei spielen Meister-Bonus und Aufstiegs-BAföG eine wichtige Rolle.“

Stephan Thomae, Bundestagsabgeordneter: „Als Politiker ist es wichtig, bei den Leuten zu sein, Netzwerke zu pflegen und zuzuhören, wo der Schuh drückt. Der Handwerkerfrühschoppen ist dafür eine optimale Gelegenheit und ich bin hier immer gerne. Im Handwerk geht es um Menschen, die sich engagieren, ein Geschäft aufbauen und etwas riskieren. Beim diesjährigen Frühschoppen war ich natürlich auch als Vertreter der Berliner Ampelkoalition zu Gast. In den Gesprächen sind die Handwerkerinnen und Handwerker schon sehr offen und direkt, aber es wird nie persönlich. Alle aktuellen Themen wurden angesprochen, von der Bürokratie bis zum Fachkräftemangel. Für mich ist es wichtig, dass wir die derzeitige Situation nicht überdramatisieren. Damit verfestigen wir nur radikale Positionen, die von radikalen Politikern vertreten werden. Wir sollten Maß und Ziel einhalten und auch das Gute und unsere Stärken ansprechen. Beim vierten Bürokratieentlastungsgesetz auf Bundesebene binden wir aktuell auch viele Vorschläge vom Zentralverband des Deutschen Handwerks ein.“

Klaus Holetschek, Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender: „Wir wollen die im Koalitionsvertrag verankerten Vorhaben der bayerischen Staatsregierung in dieser Legislaturperiode zügig umsetzen und den Menschen Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates geben. Vor allem beim Thema Bürokratie soll es eine Entfesselung geben, die Herausforderungen beim Thema Migration oder beim Fachkräftemangel wollen wir in den Griff kriegen und das Leistungsversprechen an die Bürgerinnen und Bürger einlösen. Das Handwerk ist eine zentrale Säule der Wirtschaft. Wir wollen für bezahlbare Energiepreise, für eine Verbesserung der Situation in der Baubranche und insgesamt für mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit sorgen.“

Stephanie Schuhknecht, Landtagsabgeordnete: „Als Vorsitzende des bayerischen Wirtschaftsausschusses bin ich sehr gerne der Einladung zum Handwerkerfrühschoppen in Illerbeuren gefolgt. Das war eine gute Gelegenheit, direkt ins Gespräch mit vielen Handwerkerinnen und Handwerkern aus ganz Schwaben zu kommen. Das Handwerk ist und bleibt ein sehr wichtiger Teil der Wirtschaft und für uns alle im Alltag in allen Lebensbereichen. Besonders in Bayern brauchen wir viele kompetente Hände und innovative Köpfe, insbesondere Nachwuchs-, Arbeits- und Fachkräfte, um die vielen geplanten privaten, öffentlichen und unternehmerischen Investitionen in nachhaltige Energie-, Sanierungs- & Neubauprojekte umzusetzen, genauso wie regionale Lebensmittel und verlässliche regionale Wertschöpfungsketten zu stärken und unsere Infrastruktur entsprechend auszubauen. Deshalb habe ich immer ein offenes Ohr für das Handwerk, die berufliche Ausbildung, die Innungen und die HWK, setze mich für ihre Anliegen ein und bin gern direkt bei Handwerkern und Mittelständlern in ganz Bayern vor Ort.“

Andreas Kaufmann, Landtagsabgeordneter und Handwerksmeister: „Beim Handwerkerfrühschoppen kann man im direkten Austausch auf „Du-Ebene“ die Dinge offen ansprechen. Die Gespräche waren sehr wertvoll für mich. Als Vertreter des Handwerks werde ich mich vor allem im Wirtschaftsausschuss des bayerischen Landtags für die Belange des Handwerks und des Mittelstands einsetzen. Ich bin mir bewusst, dass ich nicht von heute auf morgen alles verändern kann, aber ich kann vor allem die Auswirkungen von Gesetzen und Vorschriften im Handwerk deutlich machen. Als Metzgermeister kann ich sagen: Früher haben wir zu 80 Prozent gearbeitet und hatten zu 20 Prozent mit Hygieneaufgaben zu tun. Heute sind es 50 Prozent Arbeit, 20 Prozent Hygiene und 30 Prozent Dokumentation. Das muss sich wieder ändern. Vor allem in der Digitalisierung sehe ich große Chancen. Und dabei müssen wir eigentlich nur die vorhandenen Möglichkeiten umsetzen, die wir haben. Rechnungen beispielsweise laufen ja schon heute digital, aber wir müssen sie für viele Zwecke trotzdem noch ausdrucken. Das muss sich ändern.“

Anton Rittel, Landtagsabgeordneter und Handwerksmeister: „Ich bin sehr froh, dass ich heute da sein konnte. Der Handwerkerfrühschoppen ist eine enorm wichtige Veranstaltung und eine exzellente Möglichkeit für den direkten Austausch zwischen Politik und Handwerk. Als Handwerksmeister war das natürlich auch ein Austausch unter Kollegen. Vor allem der Mangel an Arbeitskräften stand heute bei vielen Gesprächen im Mittelpunkt. Wir brauchen im Übrigen nicht nur Fachkräfte, sondern wir brauchen insgesamt mehr Menschen im Handwerk. Ein weiteres wichtiges Thema ist für mich als Landtagsabgeordneter die Entbürokratisierung. Dafür will ich mich im Parlament verstärkt einsetzen. Ich betreibe nebenbei eine kleine Hausbrauerei und hatte bis vor kurzem ein Bio-Siegel. Das habe ich gekündigt, weil ich die Kontrollen als Schikane empfunden habe.“



HWK-Expertinnen und Experten standen für Fachfragen zur Verfügung

Neben der Führungsspitze der HWK Schwaben waren auch viele Expertinnen und Experten aus dem Bildungs- und Beratungsbereich sowie dem Prüfungswesen und der Handwerksrolle der Kammer beim Handwerkerfrühschoppen. Sie standen den Handwerksunternehmerinnen und -unternehmern für spezielle Fachfragen zur Verfügung.

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